Nach dem Zoobesuch kehrten Adrian und ich wieder heim. Er war noch zu einer Geburtstagsfeier
eingeladen und ich wollte auch gerne mit. Zuerst fuhren wir zu Mona, die noch
einen Kuchen zubereitete. Als der Kuchen fertig war, dauerte es nicht mehr
lange, bis wir aufbrechen konnten. Nur wenig später erreichten Mona, Liesbeth,
Adrian und ich die Wohnung vom Geburtstagskind, in der auch die beiden anderen
Rangerleiter Karl und Friedrich wohnen. Damit war unser Rangerleitungsteam bis
auf unseren Junior-Leiter vollzählig.
Es gab nun verschiedene Speisen, vor allem auch reichlich Pizza. Davon
wollte ich Adrian gerne ein Foto machen lassen, lief also die Kamera holen, die
noch im Rucksack auf dem Flur war. Als ich gerade den Rucksack öffnen wollte,
spürte ich, wie mich jemand packte, mich in einen Sack steckte und das Maul
zuhielt. Ich konnte nichts mehr sehen und wurde schließlich irgendwohin
getragen und in einem Schrank eingesperrt. Mit meinen scharfen Krallen schaffte
ich es nun zwar, mich aus dem Sack zu befreien, aber die Schranktür war fest
verschlossen. Ich rief laut um Hilfe, doch niemand konnte mich hören.
Verzweifelt schlug ich an die Schranktür. Ich war allein, gefangen und wusste
nicht einmal wo ich war. Wird Adrian mich hier finden? Schluchzend rollte ich
mich zusammen und spürte die Tränen über mein Fell kullern. Wer würde so etwas
tun? Und warum? Ob ich wohl jemals wieder nach Hause komme? In meinem Kopf
drehten sich die Fragen. "Du... Jesus? Bist du da?", fragte ich leise
ins dunkel. So richtig rechnete ich gar nicht mit einer Antwort, aber plötzlich
hörte ich eine sanfte Stimme in meinem Kopf sagen "Klar, Flocke, ich bin
immer da! Du brauchst keine Angst zu haben. Niemand wird dir etwas tun, denn
ich passe auf dich auf.“ Wow... So klingt also die Stimme von Jesus? Jetzt war
ich gar nicht mehr so ängstlich. "Ähm...", stammelte ich, "Und
wie komme ich jetzt hier raus?" Wieder hörte ich die Stimme: "Wenn du
ausgeschlafen bist, wird die Tür offen sein." Na toll. So hatte ich mir
das aber nicht vorgestellt. Ich soll einfach schlafen? Hier drin? Was ist mit
Adrian? Er wird mich suchen. Wer weis, was ihm die Leute erzählt haben.
Vielleicht haben sie gesagt, ich bin schon auf dem Weg nach Hause oder so und
er sucht deshalb gar nicht nach mir. Mein Kopf war voller Fragen. Schließlich
schlummerte ich ein.
Ich weiß nicht, wie lange ich geschlafen hatte. Als ich plötzlich erwachte,
wusste ich gar nicht, wo ich bin. Erst langsam fiel mir wieder alles ein. Ob
die Tür wirklich offen ist? Ich drückte ganz fest. Nichts bewegte sich. Ich
warf mich mit meinem ganzen Gewicht dagegen. Keine Chance. "Jesus? Du hast
doch gesagt, die Tür ist offen, wenn ich aufwache?!", sagte ich ziemlich
vorwurfsvoll. "Ist sie auch, aber solange du an die Rückwand drückst,
passiert bestimmt nichts." Oh. Ähm... Danke für den Tipp. Nun drückte ich
gegen die andere Seite. Doch auch hier bewegte sich nichts. "EY! JESUS,
was soll das?" fauchte ich echt entrüstet. "Schiebetür.", hörte
ich seine Stimme sagen. Ups. "Oh... Tut mir leid. Danke." Tatsächlich
ließ sich die Tür ganz leicht öffnen. Sehr vorsichtig schob ich sie einen kleinen
Spalt nach links. Im Zimmer war es noch stockdunkel. Gut, dass mein
Halstuchknoten wenigstens ein bisschen leuchtet. Jemand schnarchte auf dem Bett
an der gegenüberliegenden Wand und redete im Schlaf. Irgendwas von "Die
Katze ist im Sack" und "Lösegeld". Leise schlich ich durch das
Zimmer zur Tür, warf aber versehentlich mit meinem Schwanz eine Glasflasche um,
die polternd auf eine andere Flasche fiel. Ich erstarrte vor Schreck. Dann
hatte ich nur noch einen Gedanken: Flucht! In Windeseile rannte ich quer durch
die Wohnung, fand den Ausgang und floh so schnell mich meine Beine trugen durch
das Treppenhaus nach unten. Hinter mir hörte ich schnelle Schritte, doch ich
war etwas schneller. Das Herz schlug mir bis zum Hals und als ich endlich
draußen war, rannte ich einfach nur noch weg, ohne mich umzusehen. Ich weiß
nicht, wie lange ich gerannt bin, ich weiß auch nicht, in welcher Richtung ich
unterwegs war, aber eins weis ich: Jesus passt auf mich auf und die Verfolger
haben längst aufgegeben. Völlig erschöpft erreichte ich schließlich ein
Gebüsch, in dem ich mich ausruhen konnte. "Hier bist du in
Sicherheit", hörte ich diese freundliche Stimme wieder sagen, "ruh
dich erstmal richtig aus, du wirst deine Kräfte brauchen." Noch bevor ich
mich erneut bedanken konnte, schlief ich auch schon tief und fest.
Als ich meine Augen wieder öffnete, war es taghell. Ich hörte Kinder lachen
und herumtoben. Vorsichtig wagte ich einen Blick aus dem Gebüsch. Oh, sie
spielen wohl verstecken. Plötzlich spürte ich, wie jemand meinen Schwanz
berührte. Ich erschrak, sprang herum und blickte einem kleinen Jungen im
Kundschafteralter direkt ins Gesicht, der mindestens genau so erschrocken war,
wie ich. Nach ein paar Sekunden stotterte er ganz leise und ängstlich
"Du... frisst mich hoffentlich jetzt nicht auf?!" Jetzt musste ich
doch ein wenig lachen. "Wie kommst du denn darauf? Natürlich nicht. Wer
bist du denn? Ich bin Flocke!" Ich streckte ihm meine Tatze hin und er
drückte sie. "Cool. Ich bin Paul. Wow... Sag mal, ist das da ein echtes
RoyalRanger-Halstuch da um deinen Hals?" Ich bejahte seine Frage, als ein
anderes Kind uns entdeckte und laut rief: "Wooow, Paul, was hast du denn
da für eine große Katze gefunden? Die ist ja cool!" Auf der Stelle kamen
auch noch fünf andere Kinder angerannt. Nachdem Paul und ich aus dem Gebüsch
gekrochen waren, erzählte ich den Kindern, dass ich ein Schneeleopard bin, wie
ich hier her gekommen bin und dass ich den Weg nach Hause suche. Die Kinder
waren sofort bereit, mir zu helfen. Es stellte sich heraus, dass auch Paul und
zwei der anderen Kinder Royal Rangers sind, aber zu einem anderen Dresdner
Stamm gehören. Paul hatte eine gute Idee: "Lasst uns zu meinem Teamleiter
Wilhelm laufen, der weis bestimmt rat!" Gesagt, getan. Nur wenige Häuser
weiter drückte er die Klingel und ein freundlicher junger Mann öffnete die Tür.
Paul erklärte ihm alles und so rief Wilhelm kurz darauf bei Adrian an.
"Kommt mit, wir fahren mit meinem Auto direkt zu Adrian nach Hause. Das
ist nämlich ganz schön weit.", sagte er anschließend. Das ließ ich mir
natürlich nicht zweimal sagen. Paul, Wilhelm und ich setzten uns also in
Bewegung. 20 Minuten später erreichten wir das Gemeindegrundstück und Adrian
erwartete uns schon. Leider mussten Paul und Wilhelm schon wieder zurück, sonst
hätten sie noch einen Kakao mit uns trinken können. Jetzt erzählte ich Adrian
von meinen Erlebnissen. Er erzählte mir dann, dass er mich ganz lange gesucht
hat und letzte Nacht vor lauter Sorge überhaupt nicht schlafen konnte. Als ich
nicht zurückkam, wurde ihm gesagt, ich wollte ihm eine Überraschung machen und
sei deshalb schon nach Hause gegangen. Zuerst wollte er das gar nicht glauben,
aber als er mich dann nicht fand, blieb ihm nichts anderes übrig. Als er mich
schließlich nicht zu Hause antraf... Naja... Wie gesagt... Da hat er sich sehr große
Sorgen gemacht.
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