Montag, 31. März 2014

Entführt!

Nach dem Zoobesuch kehrten Adrian und ich wieder heim. Er war noch zu einer Geburtstagsfeier eingeladen und ich wollte auch gerne mit. Zuerst fuhren wir zu Mona, die noch einen Kuchen zubereitete. Als der Kuchen fertig war, dauerte es nicht mehr lange, bis wir aufbrechen konnten. Nur wenig später erreichten Mona, Liesbeth, Adrian und ich die Wohnung vom Geburtstagskind, in der auch die beiden anderen Rangerleiter Karl und Friedrich wohnen. Damit war unser Rangerleitungsteam bis auf unseren Junior-Leiter vollzählig.
Es gab nun verschiedene Speisen, vor allem auch reichlich Pizza. Davon wollte ich Adrian gerne ein Foto machen lassen, lief also die Kamera holen, die noch im Rucksack auf dem Flur war. Als ich gerade den Rucksack öffnen wollte, spürte ich, wie mich jemand packte, mich in einen Sack steckte und das Maul zuhielt. Ich konnte nichts mehr sehen und wurde schließlich irgendwohin getragen und in einem Schrank eingesperrt. Mit meinen scharfen Krallen schaffte ich es nun zwar, mich aus dem Sack zu befreien, aber die Schranktür war fest verschlossen. Ich rief laut um Hilfe, doch niemand konnte mich hören. Verzweifelt schlug ich an die Schranktür. Ich war allein, gefangen und wusste nicht einmal wo ich war. Wird Adrian mich hier finden? Schluchzend rollte ich mich zusammen und spürte die Tränen über mein Fell kullern. Wer würde so etwas tun? Und warum? Ob ich wohl jemals wieder nach Hause komme? In meinem Kopf drehten sich die Fragen. "Du... Jesus? Bist du da?", fragte ich leise ins dunkel. So richtig rechnete ich gar nicht mit einer Antwort, aber plötzlich hörte ich eine sanfte Stimme in meinem Kopf sagen "Klar, Flocke, ich bin immer da! Du brauchst keine Angst zu haben. Niemand wird dir etwas tun, denn ich passe auf dich auf.“ Wow... So klingt also die Stimme von Jesus? Jetzt war ich gar nicht mehr so ängstlich. "Ähm...", stammelte ich, "Und wie komme ich jetzt hier raus?" Wieder hörte ich die Stimme: "Wenn du ausgeschlafen bist, wird die Tür offen sein." Na toll. So hatte ich mir das aber nicht vorgestellt. Ich soll einfach schlafen? Hier drin? Was ist mit Adrian? Er wird mich suchen. Wer weis, was ihm die Leute erzählt haben. Vielleicht haben sie gesagt, ich bin schon auf dem Weg nach Hause oder so und er sucht deshalb gar nicht nach mir. Mein Kopf war voller Fragen. Schließlich schlummerte ich ein.
Ich weiß nicht, wie lange ich geschlafen hatte. Als ich plötzlich erwachte, wusste ich gar nicht, wo ich bin. Erst langsam fiel mir wieder alles ein. Ob die Tür wirklich offen ist? Ich drückte ganz fest. Nichts bewegte sich. Ich warf mich mit meinem ganzen Gewicht dagegen. Keine Chance. "Jesus? Du hast doch gesagt, die Tür ist offen, wenn ich aufwache?!", sagte ich ziemlich vorwurfsvoll. "Ist sie auch, aber solange du an die Rückwand drückst, passiert bestimmt nichts." Oh. Ähm... Danke für den Tipp. Nun drückte ich gegen die andere Seite. Doch auch hier bewegte sich nichts. "EY! JESUS, was soll das?" fauchte ich echt entrüstet. "Schiebetür.", hörte ich seine Stimme sagen. Ups. "Oh... Tut mir leid. Danke." Tatsächlich ließ sich die Tür ganz leicht öffnen. Sehr vorsichtig schob ich sie einen kleinen Spalt nach links. Im Zimmer war es noch stockdunkel. Gut, dass mein Halstuchknoten wenigstens ein bisschen leuchtet. Jemand schnarchte auf dem Bett an der gegenüberliegenden Wand und redete im Schlaf. Irgendwas von "Die Katze ist im Sack" und "Lösegeld". Leise schlich ich durch das Zimmer zur Tür, warf aber versehentlich mit meinem Schwanz eine Glasflasche um, die polternd auf eine andere Flasche fiel. Ich erstarrte vor Schreck. Dann hatte ich nur noch einen Gedanken: Flucht! In Windeseile rannte ich quer durch die Wohnung, fand den Ausgang und floh so schnell mich meine Beine trugen durch das Treppenhaus nach unten. Hinter mir hörte ich schnelle Schritte, doch ich war etwas schneller. Das Herz schlug mir bis zum Hals und als ich endlich draußen war, rannte ich einfach nur noch weg, ohne mich umzusehen. Ich weiß nicht, wie lange ich gerannt bin, ich weiß auch nicht, in welcher Richtung ich unterwegs war, aber eins weis ich: Jesus passt auf mich auf und die Verfolger haben längst aufgegeben. Völlig erschöpft erreichte ich schließlich ein Gebüsch, in dem ich mich ausruhen konnte. "Hier bist du in Sicherheit", hörte ich diese freundliche Stimme wieder sagen, "ruh dich erstmal richtig aus, du wirst deine Kräfte brauchen." Noch bevor ich mich erneut bedanken konnte, schlief ich auch schon tief und fest.
Als ich meine Augen wieder öffnete, war es taghell. Ich hörte Kinder lachen und herumtoben. Vorsichtig wagte ich einen Blick aus dem Gebüsch. Oh, sie spielen wohl verstecken. Plötzlich spürte ich, wie jemand meinen Schwanz berührte. Ich erschrak, sprang herum und blickte einem kleinen Jungen im Kundschafteralter direkt ins Gesicht, der mindestens genau so erschrocken war, wie ich. Nach ein paar Sekunden stotterte er ganz leise und ängstlich "Du... frisst mich hoffentlich jetzt nicht auf?!" Jetzt musste ich doch ein wenig lachen. "Wie kommst du denn darauf? Natürlich nicht. Wer bist du denn? Ich bin Flocke!" Ich streckte ihm meine Tatze hin und er drückte sie. "Cool. Ich bin Paul. Wow... Sag mal, ist das da ein echtes RoyalRanger-Halstuch da um deinen Hals?" Ich bejahte seine Frage, als ein anderes Kind uns entdeckte und laut rief: "Wooow, Paul, was hast du denn da für eine große Katze gefunden? Die ist ja cool!" Auf der Stelle kamen auch noch fünf andere Kinder angerannt. Nachdem Paul und ich aus dem Gebüsch gekrochen waren, erzählte ich den Kindern, dass ich ein Schneeleopard bin, wie ich hier her gekommen bin und dass ich den Weg nach Hause suche. Die Kinder waren sofort bereit, mir zu helfen. Es stellte sich heraus, dass auch Paul und zwei der anderen Kinder Royal Rangers sind, aber zu einem anderen Dresdner Stamm gehören. Paul hatte eine gute Idee: "Lasst uns zu meinem Teamleiter Wilhelm laufen, der weis bestimmt rat!" Gesagt, getan. Nur wenige Häuser weiter drückte er die Klingel und ein freundlicher junger Mann öffnete die Tür. Paul erklärte ihm alles und so rief Wilhelm kurz darauf bei Adrian an. "Kommt mit, wir fahren mit meinem Auto direkt zu Adrian nach Hause. Das ist nämlich ganz schön weit.", sagte er anschließend. Das ließ ich mir natürlich nicht zweimal sagen. Paul, Wilhelm und ich setzten uns also in Bewegung. 20 Minuten später erreichten wir das Gemeindegrundstück und Adrian erwartete uns schon. Leider mussten Paul und Wilhelm schon wieder zurück, sonst hätten sie noch einen Kakao mit uns trinken können. Jetzt erzählte ich Adrian von meinen Erlebnissen. Er erzählte mir dann, dass er mich ganz lange gesucht hat und letzte Nacht vor lauter Sorge überhaupt nicht schlafen konnte. Als ich nicht zurückkam, wurde ihm gesagt, ich wollte ihm eine Überraschung machen und sei deshalb schon nach Hause gegangen. Zuerst wollte er das gar nicht glauben, aber als er mich dann nicht fand, blieb ihm nichts anderes übrig. Als er mich schließlich nicht zu Hause antraf... Naja... Wie gesagt... Da hat er sich sehr große Sorgen gemacht.

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